Schiedsstelle

Schiedsstelle

Schlagworte zur Kennzeichnung der Lage der Justiz sind seit längerer Zeit „Richtermangel“, „knappe Ressource Recht“, „drückende Geschäftslast“ und „überlange Verfahrensdauer“. Die zur Entlastung der überlasteten Gerichte angestellten Überlegungen, die teilweise auch in gesetzgeberische Maßnahmen mündeten, z.B. Änderungen von Verfahrensordnungen, haben nicht in dem erwarteten Maße gegriffen. Schnelle und wirksame Abhilfe ist darum notwendig. Vom Gesetzgeber ist zu fordern, dass alle wirklich geeigneten Instrumentarien zum Schutze der Justiz vor einer weiteren Überlastung genutzt werden.

Es ist bekannt und unbestritten, dass die bürgernahe Institution der Schiedsmänner und Schiedsfrauen in den strafrechtlichen Privatklageverfahren zu einer erheblichen Entlastung der Justiz geführt hat. Die Schiedspersonen sind bei bestimmten Privatklagedelikten dem Gerichtsverfahren obligatorisch vorgeschaltet. Das bedeutet, dass bei

  • Beleidigung
  • Körperverletzung
  • Sachbeschädigung
  • Hausfriedensbruch
  • Bedrohung
  • Verletzung des Briefgeheimnisses und
  • Rauschtaten bzgl. der vorgenannten Straftaten

nach § 380 der Strafprozessordnung (StPO) erst ein Schlichtungsversuch vor der Schiedsstelle unternommen werden muss, bevor die Sache vor das Gericht gebracht werden kann.
Dieser Schlichtungsversuch spart Geld, Zeit und Nerven und – da vor der Schiedsstelle keine Partei „gewinnt“ oder „verliert“ – ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Frieden von Dauer ist.

Der vor dem Schiedsamt / der Schiedsstelle geschlossene Vergleich ist sofort 30 Jahre lang vollstreckbar. Bei einer Vergleichsquote von über 50 % in Strafsachen wundert es dann nicht mehr, dass sich die Inanspruchnahme der Gerichte bei diesen Sachen signifikant verringert hat, weil die bürgerfreundliche Einrichtung der Schiedspersonen eine entsprechende „Filterwirkung“ entfaltet.

Auf Initiative der Justizministerinnen und Justizminister der Länder war eine Gesetzesinitiative auf den Weg gebracht worden, die u.a. einen § 15 a des Einführungsgesetzes zur Zivilprozessordnung (EGZPO) zum Ziel hatte, der besagt, dass bei bestimmten Zivilstreitigkeiten der Schlichtungsversuch vor der Schlichtungsstelle ebenfalls obligatorisch ist, nämlich bei

  • den in § 906 BGB geregelten Einwirkungen auf das Nachbargrundstück und in Streitigkeiten wegen ….Überwuchses (§ 910 BGB) ….. Hinüberfalls (§ 911 BGB) ….eines Grenzbaumes (§ 923 BGB) …….Einhalten eines landesrechtlich geregelten Grenzabstandes von Pflanzen,
  • Verletzung der persönlichen Ehre, soweit nicht in Presse und Rundfunk begangen, hinsichtlich der Durchführung der obligatorischen vorgerichtlichen Streitschlichtung in Zivilstreitigkeiten haben sich die Schiedsfrauen und Schiedsmänner im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung durch die Ruhr-Universität in Bochum (Evaluation) in NRW als besonders positiv für die Bürgerinnen und Bürger erwiesen: sehr schnell, hohe Schlichtungsquote, hohe soziale und rechtliche Kompetenz und sehr hohe Parteienzufriedenheit.

Angesichts dieser Fakten hat die Vermittlung (Mediation) durch die Schiedsfrauen und Schiedsmänner als den ältesten institutionalisierten Mediatoren Deutschlands nicht nur einen hohen Stellenwert, sondern sie spart insbesondere den zunächst streitenden Parteien viel Geld, Nerven sowie Zeit, weil die Schiedspersonen typischerweise außerhalb der sonst üblichen Arbeitszeiten verhandeln. Dies führt in der überwiegenden Zahl der Fälle auch zu einer auf Dauer befriedenden Lösung zwischen den Parteien, die notfalls aber auch zwangsweise durch Vollstreckungsorgane der Gerichte durchgesetzt werden kann.

Der Gesetzgeber nutzt aber auch die doch hohe Einigungsbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, die sích in der bemerkenswerten Vergleichsquote von fast 60 % der bei den Schiedsämtern und Schiedsstellen verhandelten Zivilstreitigkeiten ausweist.

Die Schiedspersonen werden von ihrer Gemeinde nach öffentlicher Ausschreibung der zu besetzenden Stelle für 5 Jahre gewählt, danach von den Leiterinnen und Leitern der zuständigen Amtsgerichte bestätigt und vereidigt. Diesen obliegt auch die Dienstaufsicht über die Tätigkeit der Schiedspersonen.

Gewählt werden kann jede unbescholtene Person, die (in der Regel) nicht jünger als 30 Jahre und nicht älter als 70 Jahre ist. Schiedspersonen sind zu absoluter Verschwiegenheit verpflichtet, die Verhandlungen vor der Schiedsstelle sind nicht öffentlich.

Die zurzeit etwa 10.000 Schiedspersonen arbeiten ehrenamtlich in 12 Bundesländern (in Baden-Württemberg, Bayern, Bremen und Hamburg gibt es diese Institution nicht). Das Schiedsamt besteht seit dem 13. Oktober 1827.

Im Freistaat Sachsen haben die Schiedspersonen seit dem 1. Januar 2000 die Amtsbezeichnung Friedensrichterinnen und Friedensrichter. Da es sich bei den Schiedspersonen um juristische Laien handelt, ist eine gründliche Aus- und Weiterbildung für eine regelgerechte Ausübung des Amtes unbedingt erforderlich. Diese erfolgt zunächst einmal durch das Schiedsamtsseminar des Bundes Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. – BDS – mit Sitz in Bochum, in dem Volljuristen in zweitägigen Kursen das notwendige Wissen sowohl über die Formalitäten des Schlichtungsverfahrens als auch über die für die Schiedspersonen relevanten Fragen aus dem Straf- und Zivilrecht vermitteln. Aus- und Weiterbildung geschehen ebenfalls in den jährlichen Dienstbesprechungen der Schiedspersonen mit ihren aufsichtsführenden Richterinnen und Richtern, weiterhin durch die 12 Landesvereinigungen und die (meistens) auf der Ebene der Landgerichtsbezirke gebildeten 77 Bezirksvereinigungen des BDS sowie durch Fachaufsätze in der monatlich erscheinenden Schiedsamtszeitung.

Die für die Stadt Beelitz zuständige Schiedsperson:
Herr Holger Kringel, Leiter der Schiedsstelle

Schiedsstelle der Stadt Beelitz
Berliner Straße 202
14547 Beelitz

Tel.: 033204 – 39139 bzw. 0176 – 28122174
E-Mail: schiedsstelle@beelitz-online.de

Zusammenfassung:

→ WARUM MAN BEI „BAGATELLSTREITIGKEITEN“ ZUR SCHIEDSSTELLE GEHEN SOLLTE

Die Institution der Schiedsfrauen und Schiedsmänner ist eine seit 1827 bestehende und funktionierende Organisation, die

  • durch moderne Ländergesetze und entsprechende Verwaltungsvorschriften der jeweiligen Justizministerien eingehend geregelt ist,
  • kostengünstig und bürgernah durch gewählte und geschulte ehrenamtlich tätige Frauen und Männer arbeitet,
  • zeitnäher als die überlasteten Gerichte über einen Streit verhandeln kann,
  • durch die Leiter(innen) der Amtsgerichte einer ständigen Aufsicht und Qualitätskontrolle unterliegt,
  • nachweislich eine Schlichtungsquote von über 50 % erbringt,
  • im Falle der Einigung der Parteien vollstreckbare Titel schafft,
  • eine vorgerichtliche Schlichtungsstelle fern jeder sachfremden Interessen ist und sich damit für die Parteien wirklich völlig unparteiisch darbietet,
  • im Falle des Schlichtungserfolges zu einer höheren Befriedung der ursprünglich streitenden Parteien führt als nach einer Entscheidung durch ein Urteil,
  • bei Privatklageverfahren als einzige außergerichtliche Schlichtungsorganisation eine amtliche Bescheinigung der eventuellen Erfolglosigkeit des Sühneversuches (Sühne-bescheinigung) und in Zivilstreitigkeiten eine amtliche Erfolglosigkeitsbescheinigung zur Vorlage bei Gericht erteilen kann.

→ DAS VERFAHREN VOR DER SCHIEDSSTELLE – INFORMATIONEN FÜR ANTRAGSTELLER UND ANTRAGSGEGNER

Was ist geschehen? Einer Person wurde von einer anderen etwas zugefügt, sie möchte einen Schaden ersetzt haben oder sie möchte, dass die andere Person etwas tut oder unterlässt.

Wann muss vor Klageerhebung ein Schlichtungsversuch stattfinden? Bei Beleidigung – Körperverletzung – Sachbeschädigung – Hausfriedensbruch – Bedrohung – Verletzung des Briefgeheimnisses und den Rauschtaten (§ 323 a StGB) bezüglich der vorgenannten Delikte.

Das sind die so genannten PRIVATKLAGEDELIKTE.

  • Bei Nachbarschaftsstreitigkeiten wegen z.B. Überwuchs (Äste, Wurzeln), Hinüberfall (Laub/Früchte), Grenzbaum, Lärm, Rauch, etc., Grenzabstand von Pflanzen
  • Bei Verletzung der persönlichen Ehre (nicht in Funk, Fernsehen, Presse begangen).

Das sind die so genannten ZIVILRECHTSSTREITIGKEITEN.

Was ist zu tun? Die geschädigte Person stellt bei der Schiedsstelle einen Antrag auf Durchführung einer Schlichtungsverhandlung. Zur Antragstellung ist der Ausweis mitzubringen und ein Vorschuss (50 €) zu entrichten.
!!! Zuständig ist die Schiedsperson, in deren Bezirk die Gegenpartei wohnt !!!

Ladung der Parteien Die Schiedsperson lädt die antragstellende Partei und die Gegenpartei zum Gütetermin bzw. zur Schlichtungsverhandlung. Die Verhandlung wird mit Hilfe von mediativen Gesprächstechniken durchgeführt. Bei Privatklageverfahren (Strafsachen) und bei obligatorischem Schlichtungsversuch in Zivilsachen müssen die Parteien persönlich erscheinen.

Ergebnis der Verhandlung – Einigung: Wenn sich die Parteien in der Verhandlung einigen, wird der Vergleich in einem Protokoll festgehalten, das von den Parteien unterschrieben wird. Der Vergleich ist ein Titel nach der ZPO und damit sofort 30 Jahre lang vollstreckbar!
(Das bedeutet: Erfüllt eine Partei die im Vergleich vereinbarten Auflagen nicht, so kann die andere eine Ausfertigung des Protokolls verlangen, um die Zwangsvollstreckung zu betreiben.) Der Vergleich beinhaltet in der Regel auch die Vereinbarung der Parteien über die Bezahlung der Kostendes Verfahrens. Auf Verlangen bekommen die Parteien eine Abschrift des Protokolls.

Keine Einigung: Einigen sich die beiden Parteien nicht, so bekommt die antragstellende Partei eine Bescheinigung über die Erfolglosigkeit des Schlichtungsversuches, mit der sie bei der Klageerhebung vor Gericht dessen Durchführung nachweisen kann.
Bei Privatklageverfahren: Sühnebescheinigung

Bei Zivilstreitigkeiten: Erfolglosigkeitsbescheinigung

(Das gilt jedoch nur, wenn der Schlichtungsversuch obligatorisch ist!)