Straßensammlung für Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge läuft im November
Dem Buchholzer Wilfried B. Poetschke ist unlängst eine alte Zeitungsannonce in die Hände gefallen: Am 2. November 1939 hat darin die Evangelische Kirchengemeinde von Schmiegel – einer Kleinstadt nahe dem damaligen Posen – eine Liste von verstorbenen und vermissten Männern veröffentlicht. Darunter waren auch zwei Angehörige von Poetschke, die in den bewaffneten Auseinandersetzungen unmittelbar nach dem Überfall Deutschlands auf Polen ums Leben kamen. „Sie landeten wahrscheinlich in einem Massengrab, von dem ich aber nicht weiß, wo es ist“ sagt der 80-Jährige.
Es sind solche Fälle, die auch heute noch aufgearbeitet werden: Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge macht europaweit Begräbnisstätten von Soldaten und zivilen Opfern der beiden Weltkriege ausfindig, leistet dokumentarische Arbeit und hilft Menschen bei der Suche nach Angehörigen und Vorfahren. Und er pflegt gemeinsam mit der Bundeswehr und Armeen anderer Nationen diese Kriegsgräber, auch jene aus den Kriegen des 19. Jahrhunderts. Nach eigenen Angaben werden in 46 Staaten derzeit 832 Kriegsgräberstätten mit über 2,8 Millionen Toten betreut. Darüber hinaus engagiert sich der Volksbund auch auf Kriegsgefangenenfriedhöfen, um auch diesen Opfern der Gewaltherrschaft ein würdiges Gedenken zu schaffen.
Dieser Tage sind wieder Soldaten überall in Deutschland mit der Sammelbüchse unterwegs, um Spenden für die Organisation zu einzuwerben. In Beelitz hat das Logistikbataillon 172 diese Aufgabe übernommen: Bis zum Volkstrauertag – dem zentralen Gedenktag für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft – werden sie bei der Straßensammlung von Tür zu Tür ziehen. Bei der Auftaktsammlung in dieser Woche war Wilfried Poetschke der erste, der das Portemonnaie zückte – und seine Spende gleich mit einer konkreten Anfrage verband, nämlich der nach der letzten Ruhestätte seiner Verwandten.
Die konnte die Kommandeurin des Logistikbataillons, Oberstleutnant Anja Buresch-Hamann persönlich entgegennehmen. „Mir ist die Pflege der Kriegsgräber besonders wichtig. Sie dient nicht nur der Erinnerung an die Toten, sondern auch der Information der Jugendlichen und der Mahnung vor Hass und Gewalt“, begründete sie ihr Engagement für die Organisation. Bürgermeister Bernhard Knuth übernahm traditionell gemeinsam mit der Kommandeurin die Auftaktsammlung in den Geschäften der Altstadt, spendete auch selbst und warb bei den Beelitzer Händlern um weitere Unterstützung. „Das Thema ist nach wie vor präsent in unserer Stadt, da viele Beelitzer ihre Familiengeschichte gut kennen und selbst Vorfahren haben, die im Zweiten Weltkrieg gefallen sind. Daher freue ich mich auch immer wieder, dass die Menschen auch in Beelitz den Volksbund bei seiner Arbeit unterstützen.“
Zu Heimatlosen wurde auch die Familie von Wilfried Poetschke: Während sein Vater in Gefangenschaft geraten war, packten Mutter und Tante den Hausrat im Januar 1945 auf einen Gummiwagen, vor den Pferde gespannt wurden. „Der Wagen wurde mit einer Plane überzogen, sogar ein Ofen wurde draufgestellt“, erzählt er. Poetschke selbst war gerade mal vier Jahre alt gewesen, als die Familie ihr zu Hause in Schmiedel verließ und bis nach Treuenbrietzen gelangte, wo sie Verwandte hatte. Dort, erzählt Poetschke, musste dann gar nicht mehr viel angeschafft werden, weil das meiste schon auf dem Wagen mitgebracht wurde. Darunter auch die Zeitungsannonce, die viele Jahre in einer Mappe überdauert hatte und nun vielleicht zu neuen Erkenntnissen über die Familiengeschichte führen wird.