Shoppen mit Termin – Erste Erfahrungen

Über Monate konnten die Geschäfte auch in Beelitz allenfalls Ware über Internet und Telefon verkaufen. Nun hofft man, dass die vorsichtige Öffnungsstrategie nicht gleich wieder zurückgenommen wird.

Shoppen mit Termin – die ersten Erfahrungen

Gelbe, orange, grüne, pinke Osterhasen stehen überall im Schuhladen in der Poststraße herum. Eine Kundin kommt herein und wird freudig begrüßt. Regina Wiesatzki bringt ihr gleich ein paar Schuhe zum Anprobieren. Der Frühling naht, und auch im Beelitzer Einzelhandel macht sich Aufbruchstimmung breit. Schrittweise sind in den vergangenen Wochen die Lockdown-Bestimmungen gelockert worden. Ob es damit weitergeht oder die Lockerungen sogar zurückgenommen werden, wird voraussichtlich heute in Berlin entschieden.

Seit dem 8. März dürfen die Geschäfte wieder öffnen, wenngleich zunächst nur auf Anmeldung. Es gilt das Prinzip des „Click & Meet“ – die Kunden dürfen einen Laden nur betreten, wenn sie vorher einen Termin per Internet oder Telefon vereinbart haben. Vielerorts sind derartige Termine aber auch spontan an der Ladentür möglich, sofern nicht alles ausgebucht ist. Die Kunden müssen aber auf jeden Fall ihre Kontaktdaten hinterlassen.

„Das Wochenende habe ich Fenster geputzt, gewischt und gemacht“, sagt Regina Wiesatzki. Noch werde sie nicht überrannt, habe aber bereits einige Anfragen von Kunden erhalten. Ähnlich ist es bei Family Moden in der Berliner Straße. „Die Kunden rufen an und freuen sich, dass wir wieder geöffnet haben“, berichtet Inhaberin Ramona Drewicke. „Die Kunden kommen, weil sie beispielsweise ein Oberteil brauchen – zum Anziehen, aber auch für die Seele“, so Kornelia Hölzel vom Jeans Pub.

Das gleiche Bild beim Groschen-Markt in Beelitz, dessen Wiedereröffnung schon von vielen Beelitzern erwartet worden war. „Wir sind froh, dass wir wieder aufmachen dürfen und Einnahmen haben“, sagt Wolfhart Lampe, Geschäftsführer der DEC Handelsgesellschaft, zu der der Beelitzer Hausrats-Discounter und 43 weitere Filialen in Brandenburg, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen gehören. Diese Läden dürfen bis auf die Geschäfte in Thüringen nun wieder öffnen. Auch die Mitarbeiterinnen seien froh, dass sie wieder arbeiten dürften, so Lampe. In Beelitz beschäftigt das Unternehmen 11 Leute, insgesamt sind es knapp 230. In die Antik und Trödelscheine in Elsholz, die eigentlich nur freitags geöffnet hat, kam eine Kundin schon einige Tage früher in der Wochenmitte. „Sie konnte es nicht mehr abwarten“, sagt Inhaber Dirk Schadow.

Vielerorts waren die Kunden aber noch zurückhaltend. „Die Leute müssen begreifen, dass der Handel wieder offen hat“, sagt Renzo Schachtschneider, Geschäftsführer des gleichnamigen Autohauses mit Filialen in Beelitz, Potsdam, Glindow und Ketzin. Die Resonanz sei gut, die Termine aber nicht ausgebucht. Ähnlich geht es Peggy Schickendanz mit ihrem Modegeschäft „Blickfang Beelitz“ in der Berliner Straße. „Die Leute sind ziemlich durcheinander und wissen noch nicht, was es bedeutet“, sagt sie. „Die meisten trauen sich noch nicht, aber Gott sei Dank fragen sie nach“, sagt auch Madlen Mennecke vom Handarbeitsladen „Wollmäuse“, die nach eigenen Angaben erstmal ihr Handy „hoch- und runtergerattert“ hat, um die Kunden über die neuen Öffnungsmöglichkeiten zu informieren.

Schickendanz hat aus der Not gleich eine Tugend gemacht und wirbt damit, dass die Kundinnen und Kunden den Laden für sich allein haben. „Eine ganze Stunde lang sind wir allein für dich da. Ein Shoppingerlebnis der besonderen Art. Kein Gedränge in den Gängen und keine lange Schlange vor der Kasse“, schreibt sie auf ihrer Facebook-Seite. „Das ist wie ein VIP-Verkauf“, sagt Schickendanz.

Dennoch ist die Lage eng, bei vielen Händlern ist die lange Schließzeit an die Substanz gegangen. „Die Rücklagen sind alle aufgebraucht“, sagt Madlen Mennecke von den Wollmäusen. Groschenmarkt-Geschäftsführer Wolfhart Lampe verweist darauf, dass das Unternehmen mit der Schließung über zweieinhalb Monate einen siebenstelligen Betrag verbrannt habe. Mittlerweile hat er immerhin eine Abschlagszahlung erhalten. Die Abgabe vorbestellter Ware an der Ladentür – das so genannte „Click & Collect-Geschäft“ – hätte sich für sein Unternehmen nicht gelohnt, sagt Lampe. Läden auf dem Land seien keine Hotspots. In der ganzen Zeit habe es in der Belegschaft keinen einzigen Corona-Fall gegeben.

Schachtschneider konnte zwar unter strengen Hygienevorkehrungen und mit Terminvereinbarung Probefahrten möglich machen, telefonisch oder online beraten und einige Autos verkaufen. Dennoch habe das Unternehmen im Januar und Februar Umsatzeinbußen von 60 Prozent erlitten, sagt Schachtschneider. Nicht nur wegen des Lockdowns, auch insgesamt seien die Kunden zurückhaltender. So seien einige Hotels vom Kauf von Firmenwagen zurückgetreten. Auch die Reparaturen seien zurückgegangen, weil viele Menschen wieder mehr im Homeoffice arbeiten würden und nicht mehr so viel unterwegs seien.

Schuhhändlerin Regina Wiesatzki hatte im Januar praktisch einen Totalausfall. Im Februar sei es nur geringfügig besser gewesen. Wie viele Beelitzer Einzelhändler hat Wiesatzki aber treue Stammkunden, die gelegentlich doch etwas kauften. Eine Kundin kam sogar und gab ihr 100 Euro von ihrem Corona-Geld ab – sie wollte den Einzelhandel in der Stadt unterstützen. Plus sieben Euro, das ihr Kind noch aus der Hosentasche zog – von seinem Taschengeld. Wiesatzki ist immer noch fassungslos über diese unerwartete Unterstützung. „Ich war gerührt und berührt und möchte mich bedanken“, sagt sie. Antje Schroeder