Poststraße 19: Außensanierung fast abgeschlossen
Das Gerüst ist abgebaut und mittlerweile kann man sich sehr gut vorstellen, welch ein Schmuckkästchen das Stadthaus in der Poststraße 19 einst gewesen ist – und jetzt wieder wird. Nachdem die Hüllensanierung weitgehend abgeschlossen ist, geht es nun an den Innenausbau des geschichtsträchtigen Gebäudes, in dessen Erdgeschoss künftig ein Geschäft und im Obergeschoss und unter dem Dach zwei kleine Wohnungen entstehen. Auch der Stuck an der Gebäudefront muss noch aufgebracht werden, das geht erst jetzt, wo der Blick auf das Haus wieder unverstellt ist.
Vor gut einem Jahr war mit der Entkernung des kommunalen Objektes begonnen worden. Das einstige Verlagshaus, in dem der Beelitzer Robert Kliemchen ab 1891 unter anderem die „Beelitzer Zeitung“ produzierte und druckte, war nach Jahrzehnten des Verfalls in den 1980er Jahren mit einfachen Mitteln wieder bewohnbar gemacht worden. Aufgrund des damals schmalen Budgets konnten die Wände nur mit Rauhputz abgedichtet werden, das Dach hatte man abgeflacht. Zier- und Schmuckelemente verschwanden, beziehungsweise überdauerten in der Obhut von Beelitzern wie dem Maurer Albert Schubert, der seinerzeit die beiden Pylonen von der Gaube rettete und nun zurück an die Stadt gegeben hat. Mittlerweile thronen die schweren Schmuckelemente wieder auf dem Dach neben dem Fenster.
„Mit diesem Gebäude schaffen wir nicht nur dringend benötigten Mietwohnraum für Paare und kleine Familien und beseitigen zugleich einen städtebaulichen Missstand, sondern die Stadt erhält damit auch ein weiteres Stück Identität zurück.“
„Mit diesem Gebäude schaffen wir nicht nur dringend benötigten Mietwohnraum für Paare und kleine Familien und beseitigen zugleich einen städtebaulichen Missstand“, erklärt Bürgermeister Bernhard Knuth, „sondern die Stadt erhält damit auch ein weiteres Stück Identität zurück.“ Denn von hier aus versorgte Robert Kliemchen, der vor 90 Jahren zum Beelitzer Ehrenbürger ernannt wurde, die Einwohner seiner Stadt mit Nachrichten aus Kreis, Kaiserreich und später der Republik. Und auch Bürger aus anderen Kommunen bezogen ihre Informationen aus diesem Hause, denn das „Brücker Wochenblatt“, die „Lehniner Nachrichten“ und das „Caputher Intelligenzblatt“ produzierte die Druckerei Kliemchen ebenfalls. Außerdem wurden Bücher, unter anderem die Beelitzer Chronik von Carl Schneider, von ihr herausgegeben.
„Die Druckerei Kliemchen avancierte zum größten Zeitungsverlag des Kreises Zauch-Belzig, in über 20 Ortschaften wurden die Zeitungen gelesen.“
„Das Unternehmen avancierte zum größten Zeitungsverlag des Kreises Zauch-Belzig, in über 20 Ortschaften wurden die Zeitungen gelesen“, berichtet die Beelitzer Museumsleiterin Justine Remus. Bis 1921 führte Robert Kliemchen noch die Geschäfte seines Unternehmens, bevor er diese seinem Nachfolger Julius Schneider übergab und sich selbst unzähligen Ehrenämtern widmete. Er war Stadtverordneter, Ratsmann, Stadtrat, Schöffe, Schiedsmann und Ehrenmitglied in zahlreichen Vereinen. „Anfang der 1930er Jahre zog die Druckerei als Stadt- und Landanzeiger der Zauche in die Brücker Straße 26/27, wo sie als modernster Zeitungsverlag des Kreises bis 1945 bestand.“
Bei der Sanierung des Hauses kann Beelitz auf Mittel aus der gemeinsamen Städtebauförderung zurückgreifen, das heißt: 85 Prozent der geplanten Investitionskosten von rund 730 000 Euro werden von Land und Bund übernommen. Das Projekt ist Teil eines Gesamtkonzeptes für den Bereich zwischen Rathaus und Poststraße: Direkt nebenan entsteht demnächst eine neue Filiale der Sparkasse, welche die Stadt ebenfalls baut und mit einem Sparkassenkredit finanziert, der über die Miete wieder eingenommen wird. Im Gegensatz zum ehemaligen Verlagshaus wird dieses Gebäude sehr modern gestaltet, passt sich aber der Häuserzeile an der Straße an, indem Elemente des einst hier stehenden Torhauses aufgegriffen werden. Die Baugenehmigung für den zweigeschossigen barrierefreien Neubau, der in den Rathaushof hineinragen wird, ist mittlerweile erteilt worden.