Langjähriger Schulleiter nun im Ruhestand

Es war seine Schule

Von Claudia Krause

So hatte sich niemand den Abschied vorgestellt. Aber in Corona-Zeiten musste auf eine große, von Schülerinnen und Schülern sowie dem Kollegium gern vorbereitete würdevolle Verabschiedung von Jürgen Schwartz verzichtet werden. Der langjährige Leiter des Sally-Bein-Gymnasiums ist in ganz kleiner Runde mit Abstand und Maske, aber nicht weniger herzlich vor den Winterferien in den Ruhestand verabschiedet worden. Liebevoll arrangiert waren unzählige Geschenke der Kollegen im Direktorenzimmer. Die Schülerschaft hinterließ eine CD-Präsentation und eine berührende Karte für den „großartigen Schulleiter“. Per Videokonferenz bedankten sich später Kolleginnen und Kollegen voller Hochachtung für die gemeinsamen Arbeitsjahre. Zuvor würdigte der stellvertretende Beelitzer Bürgermeister Torsten Zado im Namen der Stadt und des Bürgermeisters das jahrzehntelange engagierte Wirken von Jürgen Schwartz für Erziehung und Bildung in Beelitz. Insgesamt 41 Jahre war der gebürtige Neuruppiner in der Spargelstadt Lehrer – erst an der Diesterweg-Schule, dann am Gymnasium. Dieses sei ein „sehr, sehr fester Bestandteil“ der Stadt und ihrer Infrastruktur, die den Zuzug für Interessenten attraktiv mache. „Vielen, vielen Dank“, sagte Torsten Zado: Auch wenn Schule Teamarbeit sei, „so muss immer jemand vorn anstehen“, würdigte er den Pädagogen.

41 Jahre lang hat Jürgen Schwartz als Lehrer in Beelitz gearbeitet, die letzten 16 davon als Schulleiter des Sally-Bein-Gymnasiums. Fotos: Schule

Seit Gründung des Gymnasiums 1991 gehörte Jürgen Schwartz zum Kollegium – als Fachlehrer für Mathematik und Physik, Oberstufenkoordinator und stellvertretender Schulleiter. Schwere Zeiten waren es, als der heute 63-Jährige 2005 die Leitung des Gymnasiums übernahm. Damals wackelte ob der zu geringen Schülerzahl der Fortbestand der Schule. So wurde der Überlebenskampf zur großen Herausforderung, wie sich die Oberstufenkoordinatorin Angela Frommhold-Treu erinnerte, die seit 1995 zum Kollegium zählt. Auf Initiative des frischgebackenen Schulleiters hatten damals Lehrer, Schüler und Eltern eine „riesige Werbekampagne“ gestartet – mit Zeitungsartikeln, Aufklebern und gebastelten Plakaten, die selbst Jürgen Schwartz an Bushaltestellen geklebt hat. „Es war Wahnsinn. Alle Kollegen machten mit, investierten Zeit und privates Geld. Und einmalig vom Schulträger war es, uns extra ein Budget für Werbung und Identität stiftende Maßnahmen wie die Schulkollektion, die bis heute Bestand hat, zur Verfügung zu stellen“, erzählte Jürgen Schwartz. Er sei der Stadt und den Stadtverordneten sehr dankbar für all die gute Unterstützung. Ebenso den Gewerbetreibenden, die einen Kleintransporter ermöglichten, der immer noch für die Schüler rollt.

Heute ist die Schule, an der rund 360 Mädchen und Jungen von bis zu 27 Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet werden, nicht mehr aus der Brandenburger Bildungslandschaft wegzudenken. Sie ist mehrfach für ihre Berufs- und Studienorientierte Lehrtätigkeit ausgezeichnet worden, weist konstant sehr gute Abi-Abschlüsse aus und hat sich auch mit ihren öffentlichkeitswirksamen Aktionen zu einem Beelitzer Juwel entwickelt. „Wir sind präsent mit unserem Chor, den Theateraufführungen, Schulfesten, den Tagen der offenen Tür, die immer ein heimisches Gefühl vermitteln, wenn wir Hostessen an die Seite der Besucher stellen“, zählte die Oberstufenkoordinatorin einige Beispiele auf. Nicht zu vergessen die traditionelle Spendensammlung zu Weihnachten für die Beelitzer Tafel.

„Ich bin sehr stolz auf die Schule und habe es nie bereut. Das Kollegium ist top, die Schüler sind top und dank des Schulträgers hat das Gymnasium in den letzten zehn Jahren noch einmal einen großen Sprung nach vorn gemacht“

Dabei war Jürgen Schwartz nie der Mann für große öffentliche Auftritte. Eher zurückhaltend, ruhig und „mit einem hohen Grad an Allgemein- und Fachwissen“ agierte er. Der Fachlehrer hat einen „sehr anschaulichen“ Baukasten für analytische Geometrie kreiert und so manchem Schüler, der mit Mathe auf Kriegsfuß stand, durch seine legendären bunten Tafelbilder den Zugang zum eher spröden Stoff deutlich erleichtert. Nicht diktatorisch, sondern im Gespräch seien Problemlösungen gefunden worden, und Jürgen Schwartz habe sich auch nicht gescheut, Fehler einzugestehen, berichtete die langjährige Wegbegleiterin.

Jürgen Schwartz (l.) vor einigen Jahren beim Fest zum 25-jährigen Bestehen des Gymnasiums. Foto: Lähns

„Wo wir heute stehen, haben wir ihm zu verdanken“, betonte Angela Frommhold-Treu, denn ohne auf die Uhr zu gucken, sei Jürgen Schwartz „vom ersten Tag an mit Leib und Seele für ’seine‘ Schule“ dagewesen. Wer als Fremder eines der vier Schulgebäude betritt, spürt ein offenes und freundliches, ja, ein familiäres Klima. „Das Wir-Gefühl für die Schule“, so die Oberstufenkoordinatorin, sei auch ein Verdienst von Herrn Schwartz. Immer habe er Wert auf Teamarbeit gelegt, gleichzeitig Kollegen wie Schüler zur Selbstständigkeit ermuntert und die Eltern miteinbezogen. Mit Kompetenz, guter Technik und Zusammenhalt würden nun auch die Erschwernisse durch die Pandemie an der Schule gemeistert. Untrennbar mit dem aktuellen Geschehen verbunden, ist das Bewahren der Geschichte des Ortes und das ehrende Gedenken an den jüdischen Namensgeber der Schule, weshalb Jürgen Schwartz gern von der „Sally-Bein-Familie“ sprach.

„Ich bin sehr stolz auf die Schule und habe es nie bereut. Das Kollegium ist top, die Schüler sind top und dank des Schulträgers hat das Gymnasium in den letzten zehn Jahren noch einmal einen großen Sprung nach vorn gemacht“, gab der sichtlich gerührte scheidende Lehrer gern das Lob an all die anderen und die Stadt zurück. Seinem Nachfolger, der noch nicht feststeht, gab er mit auf den Weg: „Er muss unbedingt für Beelitz leben – er kann nicht nur Schulleiter sein.“ Jürgen Schwartz, der viele Jahre in Beelitz für Beelitz gewirkt hat, will mit der Stadt weiter verbunden bleiben und ist „gespannt auf die LAGA“. Vom Heimatort Borkwalde ist es ja nur ein Katzensprung.

Als „Respektperson geschätzt und gemocht“ behalten Kollegen und Schüler Jürgen Schwartz in Erinnerung. Kein Wunder, dass eine gemeinsame große Abschiedsveranstaltung noch nachgeholt wird.