Mühlenbauer Uwe Schmidt (r.) hat gemeinsam mit Jürgen Hein die Technik in der Beelitzer Wassermühle wieder in Betrieb gesetzt.
Die Technik der Beelitzer Wassermühle ist für den Museumsbetrieb hergerichtet. Ein ansehnliches Gewirr aus Riemen und Zahnrädern sorgt dafür, dass über drei Stockwerke hinweg Quetschen, Mahlsteine, Walzen und Förderbänder in Bewegung sind.
Es rattert ordentlich in der Beelitzer Wassermühle, als Mühlenbauer Uwe Schmidt den Motor anstellt: Zahnräder beginnen zu knarzen, Treibriemen bewegen sich und setzen Mahlwerke und Quetschen in Gang, die zum Großteil seit mehr als hundert Jahren in den Mauern am Rand der Beelitzer Altstadt stehen. Über drei Etagen erstreckt sich die Technik, die Getreidekörner zu Flocken, Grieß oder Mehl verarbeitet. Seit Februar 2020 haben Uwe Schmidt und Jürgen Hein die Mühlentechnik, die seit 1974 stillgelegt war, saniert – jetzt ist die technische Abnahme der Maschinen erfolgt. Aus der Wassermühle wird das Beelitzer Mühlenmuseum, das rechtzeitig zu Beginn der Landesgartenschau im April 2022 eröffnet werden soll.
Erste Erwähnungen einer Wassermühle an dieser Stelle reichen ins Jahr 1416 zurück. Die Mühlenanlage, die über die Jahrhunderte immer wieder umgebaut wurde, wird jetzt in ihren jeweiligen Bereichen zum Museum und zur Bibliothek umgebaut. In Früheren Jahrhunderten wurde die Mühle mit einem großen Wasserrad betrieben, welches vom Mühlenfließ vor der Mühle angetrieben wurde. 1960 wurde die Mühle dann auf Elektrobetrieb umgestellt, das Mühlenfließ und der benachbarte Mühlenteich, in dem das Wasser der Nieplitz aufgestaut wurde, wurden zugeschüttet. Im im Zuge der Landesgartenschau in diesem Jahr wieder angelegten Mühlenteich sprudelt inzwischen eine Fontäne, in Anlehnung an das Mühlenfließ ist auf 200 Metern Länge ein Bachlauf entstanden. Und nun ist auch die Sanierung der Wassermühle einen großen Schritt vorangekommen.
„Am Anfang haben wir die Technik ausgebaut und das Haus, wo es nötig war, entkernt. Balken mussten gewechselt werden, der Fußboden wurde erneuert.“
„Am Anfang haben wir die Technik ausgebaut und das Haus, wo es nötig war, entkernt. Balken mussten gewechselt werden, der Fußboden wurde erneuert“, beschreibt Uwe Schmidt. Die Maschinen wurden zeitgleich in speziellen Werkstätten aufgearbeitet. Als der Boden fertig war, konnten die überarbeiteten Kornwalzen, die Quetsche und das Steinmahlwerk wieder ins Erdgeschoss einziehen. „Die Maschinen geben dann jeweils das Nächste vor“, so der Mühlenbauer. Als sie standen, wurden die neuen Holztrichter angebaut sowie die Holzgänge, durch die das Korn fällt. Auch die spezielle Siebvorrichtung im Dachgeschoss – ein gut zwei Meter breiter rechteckiger Kasten, der Kreisbewegungen vollführt und dadurch die verschiedenen Bestandteile des gemahlenen Korns aussiebt – wurde wiederhergerichtet.
Bewusst ist dabei zu sehen, wo die hunderte Jahre alten Holzbalken erhalten wurden und wo neu gebaut wurde. Das neue Holz ist deutlich heller. Der Besucher soll später erkennen, was alles wiederhergerichtet werden musste. Bei der Restaurierung wurde jedoch auf historische Genauigkeit geachtet: Moderne Kreuzschrauben sucht man an den Konstruktionen vergebens. „Hier hat der Mühlenbauer wirklich mit viel Liebe und Akribie gearbeitet. Ecken wurden abgerundet, Zierleisten angebracht. Und an Stellen, an denen Schmierfett von Rädern und Walzen tropfen könnte, sind kleine Auffangschalen befestigt“, sagt die Projektsteuerin Sigrid von der Heiden von der Gesellschaft Stadtkontor. Sie koordiniert die verschiedenen Gewerke, die dafür sorgen, dass im April 2022 nicht nur das Mühlenmuseum eröffnet werden kann, sondern in der Remise der Wassermühle auch Kunstausstellungen und ein Café die LAGA-Besucher zum Verweilen einladen. Der Museumsbesuch ist im Gartenschauticket inbegriffen.
„Mit der Wiederentstehung der Wassermühle gewinnt die Stadt einen weiteren Höhepunkt hinzu. Mit der Nutzung der Remise als Kunsthof entsteht ein Treffpunkt für Kunstschaffende des Landes. In der Mühle selbst wird die mehr als tausend Jahre alte Stadtgeschichte wieder lebendig“
Rund 2,4 Millionen Euro kostet die Sanierung der Mühle inklusive der Mühlentechnik, die Kosten werden vom Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung (MIL) Brandenburg aus Mitteln des Denkmalschutzes gefördert. „Mit der Wiederentstehung der Wassermühle gewinnt die Stadt einen weiteren Höhepunkt hinzu. Mit der Nutzung der Remise als Kunsthof entsteht ein Treffpunkt für Kunstschaffende des Landes. In der Mühle selbst wird die mehr als tausend Jahre alte Stadtgeschichte wieder lebendig“, so der Beelitzer Bürgermeister und LAGA-Geschäftsführer Bernhard Knuth.
Wenige Geräte wie etwa die Schälmaschine, die das Korn von den Spelzen befreit, stammen ursprünglich aus anderen Mühlen Brandenburgs. Denn genaue Aufzeichnungen darüber, welche Technik außer der bis zuletzt im Gebäude befindlichen in Beelitz im Einsatz war, gibt es nicht. „So, wie die Technik jetzt hier steht, funktioniert sie als Einheit. Alles andere wäre ein Blick in die Glaskugel“, sagt Torsten Rüdinger von der Mühlenvereinigung Berlin-Brandenburg. Er hat die Beelitzer Museumsmacher bei der Ausstattung der Mühle beraten. Rüdinger selbst betreibt die historische Mühle am Schloss Sanssouci in Potsdam.
Und das ist nicht die einzige Verbindung, die die Beelitzer Mühle mit der von Sanssouci hat: Rund 150 Jahre lang hat die Müllerfamilie Vogel die Beelitzer Wassermühle betrieben. Carl Friedrich Vogel hatte 1764 eine Mühle am Schloss Sanssouci gekauft, für die Beelitzer Müller wurde auch nach holländischem Vorbild im Jahr 1790 die heute noch am Schloss stehende Mühle errichtet.
Das Leben der Familie Vogel soll künftig im Mühlenmuseum vorgestellt werden, ebenso wie die Technik. Die läuft im Museum im Schaubetrieb ohne Korn, da sich ansonsten bei nur gelegentlichem Mahlen Schimmel in den historischen Geräten bilden könnte. In Animationen wird jedoch künftig gezeigt, welche Wege das Korn in den einzelnen Geräten und im gesamten Verarbeitungsprozess zurücklegt. Und damit kleine Museumsbesucher auch durchs Anfassen Lernerlebnisse haben, wird an den noch im Boden eingebauten Wagen durch verschiedene Gewichte verdeutlicht werden, welche Lasten die Müller früher bewegen mussten. Daneben ist ein kleiner „Luxus“ der damaligen Zeit ersichtlich: Über eine Kettenvorrichtung an einer Tür im ersten Obergeschoss konnten Kornsäcke von der Mühlenstraße aus in die Mühle gezogen und Mehlsäcke abgelassen werden. Auch diese Kette wird durch die ausgeklügelte Riementransmission angetrieben.