Fleisch und Wurst aus dem 24-Stunden-Hofladen

Wie Verkaufsautomaten in der Region die Direktvermarktung ankurbeln

Von Antje Schroeder

Frisches Grillfleisch und Wurst zum Feierabend, noch ein paar Eier zum Frühstück: Der Verkaufsautomat der Hoffleischerei Kaplick in Buchholz erfreut sich großer Beliebtheit. Seit Ende November können sich Buchholzer und Durchreisende rund um die Uhr an dem Gerät auf einem Parkplatz im Dorfzentrum, direkt an der B2 bedienen.

Der Verkaufsautomat der Fleischerei Kaplick in Buchholz. Foto: privat

„Momentan befüllen wir den Automaten zweimal am Tag“, sagt Betriebsinhaber Ingo Kaplick. Das Gerät mit Kühlung liegt genau zwischen den beiden Verkaufsstandorten, dem Ladengeschäft in Luckenwalde und dem Hofverkauf in Alt Bork – praktischerweise geht der Sohn auch direkt gegenüber in die Kita. Neben Fleisch und Wurst packen Kaplick oder seine Frau Gläser mit selbst hergestelltem Frikassee, Soljanka oder Bohneneintopf in die Fächer. Auch Frischkäse, Eiersalat oder das in ganz Buchholz beliebte Kassler-Zwiebelfleisch gibt der Automat gegen entsprechende Münzen, Scheine oder Kartenzahlung heraus. Samstag früh wird Hackfleisch feilgeboten – und ist im Nu wieder ausverkauft. „Da muss man sich schon den Wecker stellen“, sagt Ortsvorsteher Torsten Boecke. Am Computer und am Handy kann Kaplick genau sehen, was verkauft worden ist und nachgefüllt werden muss. Das Gerät schlägt auch Alarm, wenn es eine Störung gibt oder der Strom ausgefallen ist. Die Ware sei durch den höheren Verpackungsaufwand allerdings etwas teurer als im Ladenverkauf, sagt Kaplick.

Ortsvorsteher Boecke ist sehr angetan von dem neuen Angebot in seiner Kommune. „Wir haben die Entscheidung sehr begrüßt. Die Firma Kaplick genießt einen sehr guten Ruf, hat unser Dorf beim Verpflegungsangebot zum traditionellen Blasmusikfest in der Vergangenheit erfolgreich unterstützt und viele Buchholzerinnen und Buchholzer waren bereits vorher Stammkunden der Fleischerei“, so Boecke.

Mit der Idee hat Kaplick schon länger geliebäugelt. Zum ersten Mal habe er so einen Automaten im Jahr 2016 auf einer Messe gesehen. Auch im Austausch mit anderen Direktvermarktern kam die Rede des Öfteren auf die 24 Stunden geöffneten Selbstbedienungs-Verkaufsstellen – unter anderem mit Doreen Engelhardt von der Weidelandfarm in Rieben, die gleich drei derartige Automaten in Rieben, Michendorf und Bergholz-Rehbrücke betreibt. Engelhardt hat Kaplick auch den Hersteller ihres Automaten empfohlen und liefert die Eier für den Automaten in Buchholz.

Kaplicks Fleisch- und Wurstwaren aus eigener Schlachterei und Haltung sind ohnehin beliebt. Die Verbraucher wissen, woher das Fleisch kommt – Kaplick schlachtet jeden Montag und nur die Schweine und Rinder, die sein Vater nebenan aufzieht. Viele kennen den Betrieb auch von der Landpartie, wenn in ganz Brandenburg Höfe für interessierte Besucher öffnen. Entsprechend weit ist der Kundenkreis. Am Hofladen in Alt Bork, der nur einmal in der Woche geöffnet hat, bilden sich oft lange Schlangen. Am Automaten ziehen sich nun auch Pendler und LKW-Fahrer schon früh am Morgen Bockwurst oder Knacker für das Frühstück. „Ich bekomme viele positive Reaktionen“, sagt Kaplick. Eine mutmaßlich ältere Dame habe ihm sogar einen handschriftlichen Brief geschickt und sich dafür bedankt, dass sie an dem Automaten hausgeschlachtete Ware kontaktlos beziehen könne. Über Umsätze und andere Zahlen schweigt Kaplick lieber. Der Automat sei aber ein „schöner Zugewinn und nicht bloß kostendeckend“.

Einer der Automaten der Weidelandfarm am Riebener See. Auch hier können sich Verbraucher rund um die Uhr mit regionalen Lebensmitteln versorgen. Foto: Antje Schroeder

Auch Doreen Engelhardt von der Weidelandfarm in Rieben ist mit ihren drei Automaten sehr zufrieden. „Ich hätte nicht gedacht, dass das so schnell angenommen wird.“ Kunden aus Berlin hätten sogar Fahrgemeinschaften gebildet, um sich aus dem Automaten in Michendorf Produkte der Weidelandfarm zu holen. „Sie waren froh, dass sie nicht mehr so weit fahren mussten“, sagt Engelhardt. Eier, Wurst und Bruderhahnprodukte verkauft Engelhardt in ihren Automaten – das Angebot wechselt, je nachdem was es gerade gibt. Für sie als Direktvermarkterin seien die Automaten auch ein Weg, den Verkauf auf eine breitere Basis zu stellen und ihre Produkte trotzdem individuell unter die Leute zu bringen – anders als wenn sie im Einzelhandel neben zahlreichen anderen Artikeln im Regal stehen würden, sagt Engelhardt. Am Automaten in Rehbrücke – auf dem Grundstück eines Tischlers, der sich auch persönlich sehr für das Projekt einsetzt und gleich einen Holz-Unterstand dazu gebaut hat – würden sich auch des Öfteren die Leute treffen und miteinander schnacken oder über Rezepte austauschen. „Das ist Direktvermarktung, wie man sie sich wünscht“, sagt Engelhardt. Ein Viertel des Umsatzes erziele sie über die Automaten, schätzt Engelhardt.

Viele Buchholzer trauern allerdings immer noch ihrem alten „Konsum“ nach, wo man sich fast täglich zum Schwätzchen traf. Der Dorfladen, einst gegenüber der Stelle, wo nun der Wurstautomat aufgestellt ist, musste im Jahr 2001 schließen. Könnten solche Automaten die Nahversorgung der Zukunft sein? Der Einzelhandelsverband ist skeptisch. „Aus betriebwirtschaftlichen Gründen wird sich das nicht durchsetzen“, sagt Günter Päts, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg. Von den Mitgliedsbetrieben werde ein solcher Trend nicht berichtet, das sei eher Thema bei Selbstvermarktern oder im Handwerk. Viele ältere Menschen würden sich Einkäufe von den Kindern oder Enkeln mitbringen lassen oder mit ihnen in die Stadt fahren. Für sie sei es eher wichtig, dass es gute Nahverkehrsverbindungen in die Städte gebe.