Von der richtigen Mediennutzung bis zum entspannten Weg aufs Töpfchen
Wie bringen wir unser Kind dazu, aufs Töpfchen zu gehen? Die wichtigste Antwort ist: bloß nicht zu viel Stress machen. „Viele Eltern fühlen sich unter Druck, weil beispielsweise die Großeltern sagen, das Kind müsse mit zwei Jahren trocken sein“, sagt Carolin Heuer, Fachkraft in der Kita Kinderland. Die Eltern müssten sich mehr auf ihre eigenen Kompetenzen besinnen.
Um die Mütter und Väter darin zu bestärken, hat Caro Heuer so genannte „Thematische Elternbeutel“ entwickelt – Stoffsäcke mit Materialien zu den unterschiedlichsten Themen. Bei dem Beutel zur Toilette sind das beispielsweise Informationsmaterialien für die Eltern sowie das Kinderbuch „Conni geht aufs Töpfchen“. Wie in jedem Beutel ist hier auch ein Spiel enthalten. Die Kinder können mit ihren Eltern darum würfeln, ob Pia oder Paul rechtzeitig auf den Pott kommen oder ob sie stattdessen noch etwas trinken. Klar, dass dann im Spiel schon mal das eine oder andere Missgeschick passiert. 17 solcher Beutel hat Caro Heuer bisher zusammengestellt – unter anderem zu den Themen Trauer, dem Streit zwischen Geschwistern, der Mediennutzung, zum Einschlafen oder zur kindlichen Sexualität. Stark beteiligt an der Umsetzung war auch Denise Bürger, die Sprachkita-Fachkraft im „Kinderland“. Sie wählte unter anderem die Bücher für die Beutel aus.
Von Caro Heuer gestaltete Flyer und so genannte „Power Point“-Folien geben Anregungen und Tipps, wie sich Eltern einer Erziehungsfrage nähern können. Bei der Beschreibung eines Wutanfalls aus der Sicht eines Mädchens wird zum Beispiel sofort einsichtig, dass sich in dem Fall das Mädchen einfach bevormundet fühlte, weil die gestresste Mutter sie das Essen nicht selbst schneiden lassen wollte – und sich die Situation immer mehr hochschaukelte. „Für uns mag es eine Kleinigkeit sein, aber für die Kinder bricht die Welt zusammen“, sagt Caro Heuer. In Anschluss beschreibt sie in der Folie die gleiche Situation, wie sie besser laufen könnte – eine gute Anregung für den Alltag mit Kindern. „Die Praxisbeispiele sollen verdeutlichen, dass die Eltern nicht alleine dastehen – es geht ja vielen so“, sagt Caro Heuer. Die Elternbeutel sollen somit auch eine Lücke füllen, die durch Corona entstanden ist – durch den Lockdown und die Hygieneregeln können sich die Eltern nicht mehr so intensiv mit den Erzieherinnen und Erziehern und mit den anderen Vätern und Müttern austauschen.
Caro Heuer arbeitet seit 2018 als so genannte „Kiez-Kita-Fachkraft“ für die Kita Kinderland. Zuvor war sie 15 Jahre lang als Erzieherin in der Rehaklinik in Beelitz-Heilstätten tätig. Das Landesprogramm „Kiez-Kita“ wurde vom Bildungsministerium ins Leben gerufen, um Bildungschancen zu eröffnen und Eltern in unterschiedlichen familiären wie sozialen Situationen zu unterstützen. Als Fachkraft außerhalb des normalen Erzieherinnenalltags kümmert sich Caro Heuer darum, für die Kita Netzwerke im Kiez und in der Kommune aufzubauen sowie die Kitaleitung und die Erzieher zu beraten. Sie hat eine Umfrage unter den Eltern gestartet, eine Kinderkonferenz für mehr Mitsprache der Kleinen ins Leben gerufen und vieles mehr. Nicht zuletzt entwickelt sie kreative pädagogische Projekte – wie die „Schatzsuche“, eine Art Eltern-Coachingprogramm, oder eben die Elternbeutel. Die Idee entstand gemeinsam mit Antje Lempke aus der Stadtverwaltung, als die beiden Fachfrauen überlegten, wie man den Eltern bei der Eingewöhnung etwas mit an die Hand geben könnte.
Das Konzept kommt gut an: Ständig sind mehrere Beutel ausgeliehen. Auch das Feedback, um das sie die Eltern gebeten habe, sei gut gewesen, sagt Caro Heuer. Ausleihfristen gibt es nicht, damit sich die Eltern in Ruhe mit dem Thema befassen können. Simone Lange hat für ihre Familie schon vier Beutel ausgeliehen. Die Materialien würden helfen, entspannter mit vielen Situationen umzugehen, sich als Eltern auch mal zurückzunehmen und die Sachen aus einem anderen Blickwinkel zu sehen, sagt sie. Vieles habe auch Spaß gemacht. „Die Spiele waren echt super“, sagt Simone Lange. Schon der erste Beutel sei gut angekommen: zum Thema „Toilette“. Ihr jüngerer Sohn habe jetzt verstanden, worum es dabei gehe, und trage nur noch nachts eine Windel. Antje Schroeder